Sehr schöner Spenzer aus der Biedermeierzeit, ca. 1830-1840. Herkunftsort: München. Beim Spenzer handelt es sich überbegrifflich um eine Schoßjacke, die als zentrales Element der bürgerlich-städtischen Mode im 19. Jahrhundert eine große Rolle gespielt hat. Wie jede Modeerscheinung, so ist auch der Spenzer vielfältigen Veränderungen unterworfen. Der Spenzer ist als hochmodisches Gewandteil bewusst auch als äußerliches (modisches) Abgrenzungsmerkmal zum bäuerlich-ländlichen Kleidungsverhalten getragen worden. Ähnlich wie Adel, Klerus und Militär erschuf sich das Bürgertum eine eigene augenfällige Erscheinungsform, die im geschaffenen Wohlstand einen gemeinsamen Nenner fand. Diese Wohlhabenheit, die durchaus eine Grundvoraussetzung für das Auftreten der kostenintensiven Bürgerinnentracht war, findet sich in der Haupt- und Residenzstadt München (1806 wird das Königreich Bayern gegründet) über kleinere Städte bis hin zu Märkten, die affin zu München ihren Blick eben dorthin richteten.
Dieser Spenzer stammt ungefähr aus dem Jahr 1830. Der Ausschnitt vorne ist eckig bis kantig. Rückwärts läuft der Ausschnitt spitz zu. Um den Ausschnitt ist ein flacher Dekor angebracht. Es sind gedrehte und geflochtene Oberstoffstreifen, die die Auszier bilden. Dabei werden die Farben der Seide Ton in Ton aufgenommen. Fliederfarbene Seide, die mit eierschalenfarbenen, grünen und orangefarbenen Einsätzen unterbrochen wird. Verdeckter Verschluss mittels vier Haken. Verlängerte Trompetenärmel, die mit einem Baumwollflies unterlegt sind. Torso ist leinengefüttert. Teilweise mit Papiereinlage versteift. Kleines Plisseebäuscherl. Guter Erhaltungszustand für ein Kleidungsstück dieses Alters. Nutzungsspuren an dem Material zeigen jedoch den häufigen Einsatz dieses städtisch-noblen Spenzers (kleiner Risse in der Seide; Verschleiß im vorderen Bereich; aufgeraute Seide; fehlende Haken und Ösen). Dies drückt sich auch im Preis aus. Die Dekoration ist nicht inbegriffen.